NEUGIERDE. MUT. BEGEISTERUNG.
Geschichten, die berühren.
3 Wochen nach der „Auszeit für Held:innen 2024“ erreicht uns diese Nachricht, die wir gerne hier mit Ihnen teilen.
Danke an Luise.
Wie kann ich helfen, damit die Erholungstage nächstes Jahr wieder stattfinden? Dann aber sogar mit einem Honorar für die Trainerinnen und keinem Defizit für die Organisator:innen?
Es braucht Geschichten, welche anderen Menschen zeigen, dass es wichtig ist dafür zu spenden.
Cool wären tränendrüsendrückende, herzzerreißende Geschichten mit Bildern von leidenden, hilflosen Kindern und deren vom Leben zerstörten Eltern.
So eine Geschichte wird meine nicht, weil ich kein Mitleid will, sondern, ich will gehört und gelesen werden. Ich wünsche mir, dass die Spenden mit einem klaren Blick auf die Situation pflegender und betreuender Angehörigen gegeben werden. Dass wir es verdienen, uns einfach zu erholen und nicht weil unser Leben furchtbar ist, sondern weil wir wichtig sind.
Ich bin Luise, Akademikerin, habe zahlreiche Zusatzausbildungen, arbeite minimalst selbständig, aber nur so viel gerade geht. Hauptberuflich bin ich für den Staat Hausfrau und pflegende Angehörige. Hauptsächlich bin ich aber Mutter, Ehefrau, Organisatorin, ärztliche Beraterin und Fachfrau für die Stoffwechselerkrankung unseres jüngsten Kindes, Prellbock und Wohlfühlpunkt für unsere „Pubertiere“, Löwin, wenn ich das Gefühl habe, dass meinen Kindern unrecht getan wird, Therapeutin, Logistikerin, Arzneifachfrau bei uns Daheim, Putzfrau, Diätköchin, Pausenclown, Motivatorin und Coach, Zuhörerin, Rednerin, Verbandswechslerin, Erklärerin, ins Krankenhaus-Begleiterin, Tierpflegerin und Hundetrainerin, therapeutisch immer am neuesten Stand, Hilfsmittelcheckerin, Überzeugerin, ehrenamtliche Vereinsmitarbeiterin…
Um es aber für Sie greifbarer zu machen, ich bin Mutter von drei Kindern zwischen 15 und fast 10 Jahren. Unser jüngster Sohn wurde mit einer sehr seltenen Stoffwechselerkrankung geboren und wird seit seinem zweiten Geburtstag streng klassisch ketogen ernährt (einzige Therapiemöglichkeit der Erkrankung). Seine Erkrankung ist keine stabile, sie verändert sich immer wieder und bring eine Vielfalt an Symptomen mit sich. Ich erzähle immer gerne von meinem bunten Leben. Bunt deshalb, weil ich, wenn ich hinschaue alle Farben der Welt erkennen kann. Neben den dunklen Farben gibt es auch Sonnnenschein und bunte Blumen-Momente. Für mich gehören alle Farben unweigerlich zum Leben dazu. Es gibt Zeiten, da wird das Bunte düsterer, schwerer. Es gibt genügend Forschung zur Belastung von Frauen (Stichwort Mental Overload) und pflegender Angehöriger. Unsere Lebenswelt unterscheidet sich in vielen Dingen von Familie, in denen nicht in diesem Ausmaß gepflegt und betreut werden muss.
Eine Freundin hat mich auf die Erholungstage Zauchensee hingewiesen. 3 Tage gemeinsam mit ihr und anderen Freundinnen unterwegs sein, waren Grund genug zuzusagen.
Je näher der Zeitpunkt der Tage kam, umso häufiger habe ich mich gefragt, warum ich mir das nur antue, denn es wäre gerade so enorm viel zu tun. Der Aufwand drei Tage weg fahren zu können, ist zudem auch nicht zu unterschätzen. Diätessen muss geplant und vorgekocht werden, Kinderbetreuung organisiert werden. Neben dem Plan A müssen Plan B und C vorhanden sein.
Heute sitze ich hier, drei Wochen sind seit den Erholungstagen vergangen, und spüre eine angenehme Ruhe, Gelassenheit und Wärme, wenn ich daran denke. Ich fühle mich wieder angenommen und herzlich willkommen. Wir, die wir sonst nur als lästig (u.a. immer wieder bei Behörden, Krankenkassen, Ärzten…) gesehen werden, wir standen im Mittelpunkt. „Mach was dir gut tut, hol dir das raus was DU brauchst“. Ein unglaublicher Satz den wir bei den Erholungstagen immer wieder gehört haben. Es gab kein MUSS bei den Workshops, kein MUSS beim Erzählen.
Trotzdem und wahrscheinlich genau deswegen habe ich nahezu alle Angebote angenommen. Ich mag nicht wirklich was Neues gelernt haben, aber das doch schon so Bekannte wieder gehört zu haben, tat gut. Aufgezeigt zu bekommen, wie wichtig wir sind, nicht indem jemand von außen uns plakativ die Hand schüttelt und zu einer Spende für ein Hilfsmittel gratuliert, oder einen Obolus für Zuwendungen pflegender und betreuender Angehörige erreicht hat. Wir Frauen haben uns gezeigt, wer wir sind, wie wichtig wir sind. Was wir unglaubliches leisten, Tag für Tag. Wir haben uns gefeiert, Mut ausgetauscht, Informationen weitergegeben. Wir haben gelacht, geweint, gejubelt und geschwiegen. Wir durften durchschlafen und wurden verköstigt. Es war einfach nur genial, Essen nicht selber kochen zu müssen, kulinarisch verwöhnt zu werden (ohne zu denken, was kann mein Kind davon essen). Keine Pflege an anderen, nur an uns selber!
Die drei Tage am Zauchensee brachten mir keine körperliche Erholung, aber ganz viel seelische. Ich spüre sie immer noch, obwohl der Alltag ab dem Moment des Betretens der Wohnung mit aller Härte wieder da ist. Ja, mit Härte, aber umschmeichelt von den Erinnerungen an Zauchensee.
Das bedeutet jetzt nicht, dass ich ein anderer Mensch bin, das Leben nur mehr in Pastellfarben leuchtet. Nein, das bedeutet, ich habe mich dort gespürt und weiß, dass ich in meinem Alltag 24/7 mich in kleinen Momenten immer wieder spüren kann, weil ICH WICHTIG bin!